Historie
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Entstehung
Der DICHTUNGSRING wurde 1981 in Bonn und Bochum als literarische Gruppe und Zeitschrift unter wesentlicher Mitwirkung des Bochumer Romanisten Alfons Knauth gegründet.
Die literarischen Kontakte des DICHTUNGSRING spannen sich von Südamerika bis nach Osteuropa.
Herausgegeben wird der DICHTUNGSRING von einer Autorengruppe im Bonner Raum. Seine Mittel sind multilingual, die Texte der Zeitschrift gattungsoffen: Lyrik und Prosa, konkrete und visuelle Poesie, Essay und Wissenschaftsbeitrag, Satire, Rezension, Brief, Hörspiel, Drama ...
Junge Autoren werden entdeckt, auch bekannte Autoren nutzen den DICHTUNGSRING als Forum. Ebenso solche, die außerhalb des Mainstream im literarischen Diskurs stehen, werden beachtet. Mehrsprachigkeit erweckt durch die Gegenüberstellung von fremdsprachigem Original und deutscher Übersetzung die Neugier auf fremde Sprachsysteme. Die deutsche Sprache - nicht unbedingt die deutsche Kultur – überwiegt zwar, doch erscheinen im DICHTUNGSRING immer wieder Texte aus den verschiedensten Sprachen, die in der Regel zusammen mit der deutschen Übersetzung abgedruckt sind. Mehrsprachigkeit sensibilisiert zudem auch für die Erfassung des Ausdrucks anderer künstlerischer Gattungen, etwa von Gemälden oder Fotografien.
Zur thematischen Festlegung der übernationalen Grenzenlosigkeit werden Schwerpunkte gebildet, beispielsweise: Ende der Wirklichkeit, ZwischenMensch, Ungrade Tage, Einfach Kind sein.
Einzelne DICHTUNGSRINGer sind auch anderen Literaturzeitschriften verbunden, wie etwa dem Krautgarten oder der Matrix.
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AutorInnen im Dichtungsring
Im Dichtungsring veröffentlichten u.a.
Holger Benkel
Marcel Beyer
Pierre Garnier
Eugen Gomringer
Nobert C. Kayser
Myriam Keil
Thomas Kling
Primo Levi
Friederike Mayröcker
Oskar Pastior
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Bericht über
25 JAHRE
DICHTUNGSRING
IM HAUS DER LITERATUR, BONN, 21.10.2006
von Ulrich Bergmann,
etwas redigiert von Gerd Willée
Die ganze Feier gelang großartig!
Bruno Kartheuser, Leo Gillessen und Robert Schaus trafen kurz nach zwei am
Samstag bei Elke und Gerd ein, die Quiche Lorraine und delikate Happen und
Weintrauben reichen ließen, dazu Kaffee. Wir fuhren mit zwei Großraumtaxis
und meinem Peugeot zum Haus der Literatur in der Lennéstraße, wo eine junge
Dame uns empfing. Unser Besuch zeitlich eng begrenzt, aber die
zwischenmenschlichen Abstände wurden immer geringer. Wir legten unsere
Zeitschriften und Bücher auf zwei Tischen in der Eingangshalle aus.
Die Beteiligten:
Vom KRAUTGARTEN: Bruno Kartheuser (Chefredakteur) und seine Tochter
Alexandra (Redakteurin), Leo Gillessen (Redakteur), Robert Schaus (früher
Redakteur, jetzt künstlerischer Berater).
Vom DICHTUNGSRING: Elke
Trefz-Winter; Gerd Willée, Ulrich Bergmann; Susanne Schmincke; Renate
Voswinkel; Rita Kupfer, Horst Saul; Ines Hagemeyer; Gisela Zimmer; Werner
Brand; Alfons Knauth. (Barbara und Siegfried Mundt sind zur Zeit in
Portugal; Francisca Ricinski-Marienfeld in Rumänien; Ingo Kottmayr und
Thomas Krämer konnten nicht kommen).
Etwa 15 Gäste, darunter unser Verleger Traian Pop, erschienen zu der
kompakten Veranstaltung, so dass der kleine Saal so gut wie voll besetzt
war.
Pünktlich um 16 Uhr begann die dreifache Feier – 25 Jahre Dichtungsring,
Präsentation der 34. Nummer („Zwischenmensch“), Wiederbegegnung mit der
ostbelgischen Zeitschrift KRAUTGARTEN aus St. Vith.

Das Duo Začatečnik jonglierte mit Bällen und sprach dazu einen Text über das
Dichten (mit Worten). Ines in die Coda des Jongliersatzes ihr Gedicht
„Sprachspiel“. Ulrich, der die Veranstaltung moderierte, sagte ein paar
Worte zur wechselvollen Geschichte der Autorengruppe und
Literaturzeitschrift DICHTUNGSRING. Er stellte den Gründer der Zeitschrift
vor, Alfons Knauth, zitierte das Editorial („Fürwort“) aus der ersten Nummer
des DICHTUNGSRINGS und kündigte an, der Dichtungsring werde auch die
nächsten 25 Jahre weiterbestehen. Dann folgte die Lesung. Zuerst lasen die
Krautgärtner Leo, Bruno und Robert lyrische Gedichte.
In der Pause wurden immerhin 7 DICHTUNGSRING-Hefte verkauft, und wir
erhielten ein neues Abonnement!
Nach der Pause folgte Akrobatik des Duo Zacatecnik, dann lasen die
Dichtungsringer Texte aus der neuen Nummer: Elke („der dichter als
akrobat“), Ines (drei Gedichte: „Claire de Lune“, „schau“, „lille havfru“),
Ulrich (die Erzählung „Nachtschaum“), Elke las für Doris Distelmaier.Haas
(das Gedicht „Treppenhaus“), Horst Saul („Prometheus“), Rita (das Gedicht
„Sprach.los“), Susanne Schmincke („Kaffee“) und Gerd Willée einen von ihm
übersetzten Text („At Wolznach“ von Paul Murphy).
Das Schlusswort hatte
der, der einst das erste Wort für den DICHTUNGSRING sprach: Alfons. Er bezog
sich auf das eingangs zitierte Editorial des ersten Dichtungsrings:
„Korrespondierendes Mitglied ist der Papst.“ In der Tat schrieb der
Papst, bei dem er anfangs Theologie studierte, in diesem Jahr einen
Glückwunsch zur Emeritierung… Dann las Alfons, von Musik begleitet, einen
multilingual-phloboglotten Text: „Decaglottadecadente“ – eine babylonische
Sprachverwicklung in 10 Sprachen, angelehnt an seine „Multiple Joyce“-Texte.
Pünktlich um 18 Uhr endete die Feier. Danach trafen sich die meisten noch im
Ristorante „Baffo“ in der Wolfstraße – und tagten fast bis Mitternacht.
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Wie der Dichtungsring entstand

Der Dichtungsring am 31.10.2012 im Haus der
Vielfalt, Bonn, Brüdergasse: Ulrich Bergmann, Theodor Payk, Horst Saul,
(Franz Hofner), Susanne Schmincke, Monika Lamers, eje winter, (Uwe Mackert),
(Dominik Dombrowski), Gerd Willée, Gabriele Frings
Hier ein Brief des Gründers, den er zur 30-Jahr-Feier schrieb:
Lieber Dichtungsringer Ulrich,
gestern, als die Kastanienbäume auf der Poppelsdorfer Allee so prächtig
blühten, habe ich ein wenig im Blütenstaub meiner Akten gestöbert, um mir
die Anfänge des Dichtungsrings ins Gedächtnis zu rufen.
Im
Frühjahr 1981 rief mich ein Kollege der Universität Bonn, der
Italienisch-Lektor Pino Rizzuto, in meiner Bonner Wohnung an (ich war 1977
an die Ruhr-Universität Bochum berufen worden, aber er wusste von meinem
Vor- und Fortleben in Bonn). Pino fragte, ob ich bei einer interkulturellen
Zeitschrift und Dichtergruppe mitwirken wollte, als eine Art
komparatistischer Berater und musischer Beiträger. Vielleicht hätte ich ja
gleich eine Idee für den Namen einer solchen Gruppe und Zeitschrift. Der
Anruf erreichte mich just in dem Moment, als ich den Dichtungsring eines
Waschbeckens meiner Wohnung in der Königstraße erneuerte. Damit war der Name
für die Gruppe wie für die Zeitschrift gefunden. Das magische objet
trouvé erleichterte mir die Entscheidung, an dem Unternehmen
teilzunehmen, sehr.
In der konstituierenden Sitzung, die bei dem agilen Kulturmanager und
gelegentlichen Dichter und Fotografen Thomas Rugo in der Prinz-Albert-Straße
stattfand, wurde der von mir vorgeschlagene Name von den etwa 5
Gründungsmitgliedern angenommen. Die aktivsten Mitglieder der ersten Stunde
waren die genannten Thomas Rugo und Pino Rizzuto, der jugendliche Verleger
Karl-Heinz Schmitz (Übergrenzen-Verlag, Herausgeber der
Science-Fiction-Zeitschrift Solaris), die wort- und bildbesessene
Studentin Daniela Warkow sowie meine philologische und logophile Wenigkeit.
Daniela besorgte das Foto des tropfenden Wasserhahns, dessen Dichtung zum
Leitbild der Zeitschrift werden sollte und zusammen mit dem ‚gekachelten’
Schriftzug das Vorder- und Rückencover des 1. Heftes bildete. Ein Ortstermin
für die Produktion des Fotos in einer Beueler sanitären Einrichtung,
ausgestattet mit Kacheln und Wasserhahn, gefolgt von der graphischen
Gestaltung des Covers war die erste gemeinsame künstlerische Unternehmung
des Dichtungsrings, an der alle oder fast alle der oben genannten
Gründungsmitglieder teilnahmen.30 Jahre Dichtungsring in der Bad Godesberger
Redoute

2011 –
Alfons Knauth, Begründer des Dichtungsrings
Bald kamen neue Dichtungsringer hinzu, so der inspirative Ingo Kottmayr, der
an meinem Lehrstuhl an der Ruhr-Universität als studentische Hilfskraft
arbeitete, der dichterisch und malerisch gleichermaßen schöpferische Werner
Brand, die Bonner Schriftsteller Christoph Klimke und Achim Beutner, die
alle an der Gestaltung des 1. Heftes, das im Juni 1981 erschien, beteiligt
waren. Ab dem 2. und vor allem dem 3. Heft gesellten sich eine Reihe
Bochumer Studenten, wie Uwe Gemba, Dieter Pougin und etwas später Wolfgang
Sprenger zum Dichtungsring, daneben die Ruhrgebiet-Schriftstellerin
Brigitte Werner. Aus Bonn kamen die – aus meiner Sicht bedeutendsten –
Dichterinnen eje winter, Barbara Musial und Ines Hagemeyer hinzu, außerdem
der ausschweifende hg Kestel und der ausgefeilte Peter Horn, die beide zu
den wichtigsten Wegbereitern zählten. In den 90er Jahren konnten als
langjährige Berater und Beiträger die drei Internationalen
Humboldt-Preisträger Darko Suvin (McGill University, Montreal), Wladimir
Krysinski (Université de Montréal) und Lisa Block de Behar (Universidad de
la Républica, Montevideo) gewonnen werden; 1993 Frank Henseleit [Nr. 22].
Über die neueren Mitglieder weiß der jetzige Dichtungsring besser
Bescheid und gibt sein Impressum und Inhalt Auskunft.

30 Jahre Dichtungsring (1981-2011)
Die poetische Aktion, die kollektive Kreation und das Korrespondenz-Prinzip
machten – ineins mit dem interkulturellen und dem multilingualen Prinzip –
einen wesentlichen Teil des literarischen Programms der Gründerzeit aus.
Zusammen mit Ingo Kottmayr und Dieter Pougin entwickelte der heteronyme
Queneauth das mischsprachige Text-Genre des Multiple Joyce, das
inzwischen einen gewissen generischen Stellenwert in der Vergleichenden
Literaturwissenschaft erlangt hat[1].
Wichtiger erscheint mir jedoch die Vielfalt und Wandlungsfähigkeit des
Dichtungsrings. Höher als das genannte Text-Genre des Multiple Joyce
schätze ich persönlich die Poesie und Prosa der erwähnten
Dichtungsringerinnen, manch anderer Dichtungsringer und vor allem
Gastschriftsteller wie Haroldo de Campos, Pierre Garnier, S. J. Schmidt,
Marcel Beyer, Oskar Pastior und Friederike Mayröcker.
Die Vielfalt des Dichtungsrings – und sicher auch seine symbolische
Signatur – haben dazu beigetragen, daß er nunmehr dabei ist, seinen 25.
Jahresring anzulegen. Die Bäume der Poppelsdorfer Allee – an deren Bewahrung
die Dichtungsringer mit der Installation ihrer Blattgedichte aktiv beteiligt
waren[2]
– feiern dies mit ihrer dichterisch nicht zu übertreffenden Blüte.
K. Alfons Knauth
[1]
Siehe das Cover und mehrere Artikel des von der Komparatistin Monika
Schmitz-Emans herausgegebenen Bandes Literatur und Vielsprachigkeit,
Heidelberg: Synchron 2004; siehe auch die Rezension in der
Zeitschrift Germanistik Bd. 16, Heft 2, 2006.
[2]
Siehe die Dokumentation in Heft 2, 1981.
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Dichtungsring und
Krautgarten
Schon seit 1992 haben Krautgarten und
Dichtungsring freundschaftliche Beziehungen. Im Krautgarten hatte ich 1990
meine allererste Veröffentlichung (Gedichte), seither bin ich über 30 Mal in
dieser Zeitschrift veröffentlicht worden, die sich dem Gedanken der Euregio
und der Kultur der deutschen Sprache in allen deutschsprachigen Regionen
verpflichtet fühlt, aber auch der Gemeinschaft mit den Nachbarsprachen in
Flandern, der Wallonie und im Lëtzebuergeschen. Ich erinnere mich an die
vielen langen Telefongespräche, die ich mit Bruno Kartheuser über seine
literarische und redaktionelle Arbeit hatte, und die ausführlichen Briefe,
die wir uns schrieben. Es ging auch damals schon um seinen Kampf gegen die
Niermann-Stiftung, deren nationalsozialistische Wurzeln und weiterwirkende
nationalistische Einflüsse er bekämpfte.
Als 1992 die Gedichtzyklen von Leo Gillessen, Bruno Kartheuser und Robert
Schaus unter dem Titel „Zeitkörner“ erschienen, schrieb ich eine
ausführliche vergleichende Rezension, es war meine erste überhaupt. In einem
Brief vom 2.2.1993 an mich beklagte Bruno die „traditionelle Stummheit der
ostbelgischen Eifel“. Es wird hier klar, dass der Krautgarten früh bestrebt
war, über den eigenen Gartenzaun zu schauen. Das hat der rührige Herausgeber
mit seiner Crew dann auch in die Tat umgesetzt und ausufernde Beziehungen
geknüpft – nach der Pflege der heimatlichen und nachbarlichen Sprachen und
Literaturen ging es verstärkt in die Region Aachen-Trier-Koblenz-Bonn-Köln,
dann ins wiedervereinigte Berlin, nach Österreich und in die Schweiz – es
gab Sondernummern zu diesen großangelegten Exkursionen mit namhaften Autoren
– um nur einige Autoren der Berlin-Nummer zu nennen: F. C. Delius, Günter
Grass, Walter Höllerer, Stephan Krawcyk, Günter Kunert, Oskar Pastior,
Kathrin Schmidt, Peter Schneider, Richard Wagner, Ulrich Woelk ... Die
Weltoffenheit ist dem Krautgarten bis heute geblieben – als Lebens- und
Überlebens-Elixier. Ganz am Anfang standen auch wir vom Dichtungsring, das
war schon eine andere, wenn auch noch nicht die weite Welt.
Im März 1992 hatte sich der Dichtungsring eine Vereinssatzung gegeben. Im
September nahmen Eje Winter und ich an der Autorenlesung im Rahmen des 23.
Münstereifeler Literaturgesprächs teil, von dem das WDR III-Radio
berichtete. Zum Thema „Entgrenzungen im Kern Europas“ lud der Krautgarten
einige seiner Autoren zur Teilnahme an diesem 3-tägigen Symposion ein.
Der Dichtungsring besuchte den Krautgarten in St.
Vith im April 1993 mit einer 7-köpfigen Abordnung, zu der auch Ines
Hagemeyer, Eje Winter, Gerd Willée und ich gehörten. Nach dem Mittagessen in
einem St. Vither Restaurant und dem Besuch einer Ausstellung von Irene
Gillessen im Rathaus veranstalteten wir dort eine Lesung der Redakteure.
In Heinrich Bölls Haus in Langenbroich begegneten
wir Dichtungsringer am 25. September 1993 erneut den Krautgärtnern. Nach
einer Lesung der Autoren kam es zur Diskussion über Probleme des Schreibens
im deutschsprachigen Randgebiet Ostbelgiens: „Kritische Masse –
Regionalliteratur – Grenzräume – Wirksamkeit des Schreibens“. An dem
Gespräch nahm auch der Priester und Künstler Herbert Falken teil, ein Freund
Heinrich Bölls. Der Dichtungsring war beteiligt mit Eje Winter, Jörg
Kohnen-May und Ulrich Bergmann.
Francisca Ricinski, Eje Winter und ich sind mehrmals im
Krautgarten veröffentlicht worden; umgekehrt wurden Bruno Kartheuser, Leo
Gillessen und Robert Schaus im Dichtungsring publiziert.
Ich bin seit etlichen Jahren Mitglied des Krautgartens und berechtigt, an
den Mitgliederversammlungen mit Stimme teilzunehmen. Im Jahr 2004 nahm ich
mit Leo Gillessen, Robert Schaus und Dietmar Sous an einer Autorenlesung im
Belgischen Haus zu Köln teil.
Der Dichtungsring bekam zum 25-jährigen Jubiläum Besuch aus St. Vith: Bruno
Kartheuser, Leo Gillessen und Robert Schaus reisten nach Bonn und nahmen am
21. Oktober 2006 an unserer Feier im Haus der Literatur und am
anschließenden Abendessen in einem Ristorante der Altstadt teil. Der
Krautgarten brachte danach ein Porträt des Dichtungsrings mit Texten von Eje
Winter, Francisca Ricinski, Ines Hagemeyer und mir im Mittelteil der Nr.
49,2006.
Der Krautgarten gibt zwei Nummern im Jahr heraus, er wurde ein Jahr nach dem
Dichtungsring gegründet. So fuhren Ines Hagemeyer und ich ein Jahr nach
unserem Jubiläum nach Eupen, wo der Krautgarten im Beisein der
Kulturministerin Isabelle Weykmans sein Jubiläumsfest im Rahmen einer
Ausstellung von Robert Schaus im Regierungsgebäude feierte. Der Krautgarten
brachte Rezensionen zu zwei Büchern von mir, zuletzt in der neuesten Ausgabe
über meinen Roman „Doppelhimmel“, kürzlich auch zu Ines Hagemeyers
Gedichtband „aus dem Gefährt das dir Träume auflädt“.
Die
Beziehungen zwischen Dichtungsring und Krautgarten sind zwar nicht eng und
literarisch gesehen nur wenig konkret, was die Zusammenarbeit beider Gruppen
anbetrifft, aber herzlich und beständig. Vor Jahren erklärten wir uns
solidarisch mit dem Krautgarten in seinem Kampf um öffentliche Gelder der
ostbelgischen Regierung und vor allem mit Bruno Kartheusers langjähriger
Aufarbeitung faschistischer und nationalistischer Strömungen, die bis zum
heutigen Tag nachwirken, etwa in der Niermann-Stiftung, die im autonomen
Gebiet der deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens großen Einfluss hatte.
Ihre Solidarität erklärten namhafte Autoren:
Michael Buselmeier, Elke Erb, Herbert Falken, Ludwig Harig, Gert
Heidenreich, Franz Hohler, Hadayatullah Hübsch, Norbert Hummelt, Heinz
Kahlau, Jürgen Kross, Herbert Laschet, Werner Laubscher, Wendel Schäfer,
Landolf Scherzer, Imre Török, Aglaja Veteranyi ... etliche von ihnen Autoren
des Krautgartens. Es kam schließlich zu gerichtlichen Auseinandersetzungen,
die Bruno Kartheuser und seine Mitstreiter verloren.
Und viele Misslichkeiten blieben bestehen. In einem Brief an mich vom 11.
April 1996 schrieb Bruno:
„Lieber Ulrich, ganz schön subversiv Deine Post, wenn Du schreibst, die
ArthurTexte seien ein Vorschlag für den Herbst-KRAUTGARTEN, denn wie willst
Du wissen, ob es dann noch einen KRAUTGARTEN gibt ...? Es ist schon
zutreffend, daß die Folgen der lustvollen Fürsorge meiner Nazis in
Düsseldorf und St. Vith mich voll erwischt haben. Pro Woche im Durchschnitt
bewerbe ich mich um eine Arbeit, aber der Respons ist dünn, und spätestens
ab dem Sommer bricht der Ernst aus in der beruflichen Selbstversorgung.
Manchmal gibt es Erheiterung, - so, wenn ein Journalist vorbeikommt, der
seit längerem an einem Rundfunkportrait unserer Situation arbeitet; oder ich
selbst ein Dutzend Interviews in der Gegend aufzeichne für einen flämischen
Sender; oder wieder einmal eine Seite mir gelingt oder ein neues
Schreibprojekt mich anfällt. Ringsum ist totales Schweigen, bei den einen
aufgrund faschistischer Ausgrenzungsroutine, und bei den andern aus
atavistischer Unbedarftheit und Wortbedürfnislosigkeit. Tröstlich hebt die
Natur sich ab, die ihre Jahreszeitanwandlungen kriegt und mit der man auf
eigentümliche Weise reden kann. Wir arbeiten ernsthaft am neuen KRAUTGARTEN,
der im Mai/Juni erscheinen soll, für den aber noch nahezu alles Geld fehlt.
Meine Offiziellen in Eupen haben mich vor zwei Wochen erstmals seit August
über meine Finanzerwartungen belehrt, und das heißt: kein Geld bis zum
Herbst, sie legen aber größten Wert darauf mir zu versichern, daß ich
natürlich ungehindert arbeiten darf – abgesehen davon, daß sie sich einen
andern KRAUTGARTEN wünschen, einen, den auch sie mit Lust und Gewinn lesen
könnten, mit mehr Volk und Tum und Boden. ...“
Es ging wieder aufwärts. Im August 1996 erhielt die ostbelgische
Literaturzeitschrift KRAUTGARTEN den Walter-Hasenclever-Preis der Stadt
Aachen (Förderpreis).
Auf dem Sommerfest 2013 in St. Vith war der Dichtungsring nach längerer
Pause mit Francisca Ricinski, Susanne Schmincke und mir anwesend. Wieder
sieht Bruno Kartheuser seine Zeitschrift gefährdet, weil Eupen nur einen
halben Geschäftsführer finanzieren will. Aber wir wissen aus langer
Erfahrung: Der Krautgarten ist ein gelernter Phönix, der seine Asche kennt
und wieder unter sich lässt auf seinen Ikarusflügen durch die Sonnenwinde
des Buchstaben-Universums. In meinem Brief vom 31.1.2006 an die autonome
Regierung der deutschsprachigen Gemeinschaft steht, was auch jetzt wieder
gilt:
„Einen besseren Botschafter der international gedachten Kultur des
EUREGIORaums kann ich mir gar nicht vorstellen. ... Kartheuser und Co. haben
Ostbelgien tatsächlich zu einem literarischen Standort gemacht, was es vor
dem Ersten Weltkrieg nicht war ... Das sollte die derzeitige Kulturpolitik
weiterhin ermöglichen. Ich weiß, dass Herr Kartheuser wegen seines
moralpolitischen Engagements – Aufarbeitung der Geschichte in der Zeit des
Faschismus, Kritik an belgischen Verstrickungen mit der dubiosen
Niermann-Stiftung – auf politischer Ebene nicht von allen so geschätzt wird
wie von liberal gesinnten Bürgern Belgiens oder Deutschlands. Ich hoffe,
dass derartige Motive nicht dafür ausschlaggebend sind, dem KRAUTGARTEN die
Mittelverstärkung zu versagen, so dass seine Existenz bedroht erscheint.
Bedenken Sie Ihre Politik! Bedenken Sie, dass wir in Deutschland, wir
Rheinländer, den KRAUTGARTEN, diese grandiose Zeitschrift lieben! Bedenken
Sie den Schaden, den wir alle erleiden, wenn Ostbelgiens bester
Multiplikator eingeht. Der KRAUTGARTEN ist auch unsere Heimat, tief im
Westen, er ist eine Brücke nach Belgien!“
Ulrich Bergmann, 25.6.2013
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Dichtungsring trifft Krautgarten


Am 23.06.13 besuchten Francisca
Ricinski-Marienfeld, Susanne Schmincke und Ulrich Bergmann das Sommerfest
der Literaturzeitschrift „Krautgarten“ im belgischen St. Vith. Trotz
des nasskalten Eifelwetters, das einen Aufenthalt auf der Terrasse am See
verhinderte, gab es im gemütlichen Hotelambiente anregende Gespräche und ein
Kennenlernen zwischen Autoren, Lektoren, Herausgebern und Sponsoren. Nach
dem Essen stellten Bruno Kartheuser, Klaus Wiegerling und Andreas Dury das
frisch in der „edition krautgarten“ erschienene Buch von Wendel Schäfer
„Draußenschön“ vor.
